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Was haben Projekte und Seereisen gemeinsam?

Erstens: Sie sind nicht immer lustig. Zweitens: Eine Seereise liefert schöne Analogien zum Risikomanagement 😉

Die Neuartigkeit eines Projekts enthält zwangsläufig unbekannte Faktoren, die sich zu Risiken entwickeln können. Ein zu Beginn des Projekts erstellter Plan kann die Risiken des Projektes nie vollständig berücksichtigen. Risikomanagement ist daher unerlässlich. Risiskomanagement ist eine eigene Disziplin und kann sehr aufwändig gestaltet werden. Ich möchte bewusst einen einfachen Ansatz dagegen halten. Es ist besser ein einfaches Risikomanagement anzuwenden als ein aufwändiges und besseres zu vernachlässigen. Ich möchte anstelle einer Definition mit einem einfachen Vergleich beginnen.

Es ist nicht ganz klar woher das Wort Risiko stammt. Eine Erklärung führt es auf das griechische Wort rhizikon („Klippe“) zurück. Die Bedeutung Klippe, die umschifft werden muss um nicht zu scheitern, liefert einen griffigen bildlichen Vergleich. Ein Projekt ist wie eine Seereise zu einem weit entfernten Ziel durch unbekanntes Gewässer. Die Vorräte an Bord des Schiffes sind begrenzt d.h. das Ziel sollte möglichst in der geplanten Zeit erreicht werden. Auf der Reise müssen unter Umständen viele Klippen umschifft und andere Hindernisse überwunden werden.

Die Hauptaufgaben des Risikomanagements

  • Risiken erkennen
  • Risiken bewerten
  • Gegenmaßnahmen planen

werden mit diesem bildlichen Vergleich klarer. Zuerst müssen möglichst viele der Klippen und Schwierigkeiten auf dem Weg erkannt werden. Schön wäre natürlich eine Seekarte auf der alle Klippen und Untiefen verzeichnet sind. Dann kommt noch eine Karte der Meeresströmungen, eine Wetterkarte usw. hinzu. Da solche Karten bei der Fahrt in wirklich unbekannte Gewässer in der Regel nicht existieren ist man überwiegend auf Vermutungen angewiesen und muss sich seine Karten selbst zeichnen. Selbst wenn bereits Karten vorhanden sind stellt sich immer noch die Frage nach der Verlässlichkeit des Kartenmaterials.

Wenn man glaubt die meisten Klippen und Untiefen zu kennen, muss im nächsten Schritt geprüft werden wie gefährlich jedes Hindernis wirklich ist. Wie tief ist eine Untiefe wirklich, wie dicht liegen Untiefen und Klippen neben einander, wie sehen die Meeresströmungen an dieser Stelle aus, wie gut lässt sich manövrieren.

Nimmt man ein Schiff mit weniger Tiefgang (wannenförmiger Rumpf = Mississippi Dampfer) lässt sich vielleicht die eine oder andere Untiefe einfach überfahren. Liegen viele Klippen dicht beieinander ist wiederum ein wendiges manövrierfähiges Schiff von Vorteil. Das wendige Schiff hat dafür aber wieder mehr Tiefgang als ein Schiff mit wannenförmigem Rumpf. Liegen Klippen und Untiefen im Weg sind vielleicht mehrere kleine, wendige Schiffe gegenüber einem großen im Vorteil.

Mit mehreren kleinen Schiffen wäre ein Kompromiss zwischen Wendigkeit und geringem Tiefgang gefunden. Hinzu kommt jetzt die Schwierigkeit die Schiffe zu koordinieren um die Flotte z.B. bei Nebel zusammenzuhalten.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass aus einer möglichst objektiven Bewertung der Risiken sich meist auch Ansätze für Gegenmaßnahmen zur Beherrschung oder Vermeidung derselben ergeben.

Ein systematisches Risikomanagement wird leider in vielen Projekten sträflich vernachlässigt. Meist steht der Aspekt Ressourcen – Planung zu stark im Vordergrund. Im Bild der Schiffsreise gesprochen wird oft zu viel Zeit auf die Katalogisierung der Ladung und die Mannschaftsliste verschwendet und dabei der Blick auf die Seekarte vergessen. Wie kann ein pragmatisches Risikomanagement in einem Projekt aussehen? Mit einer Liste und 4 Fragen, die sich die Projektleitung regelmäßig stellen sollte kommt mann/frau schon sehr weit:

  • Sind die drei größten Risiken bekannt?
  • Was sind heute die drei größten Risiken?
  • Hat jeder im Team sein größtes Risiko benannt?
  • Welche Risiken sind in der letzten Woche hinzugekommen?

Aus der Formulierung der Fragen lässt sich schon erahnen, dass man sich diese Fragen regelmäßig, das heißt jede Woche oder sogar täglich neu stellen muss.

Sind die drei größten Risiken bekannt? Selbst wenn im Projekt ein ausgewiesenes Risikomanagement betrieben wird, heißt das noch lange nicht, dass die größten Risiken bekannt sind. In der Formulierung “groß” steckt eine intuitive Mischung der Faktoren Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung. Diese sind leider nicht konstant und müssen ständig neu bewertet werden. Bevor man sich in seitenlangen Abwägungen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen verheddert, ist es besser sich regelmäßig die zweite Frage nach dem heutigen Risiko zu stellen – getreu dem Motto: “Wo drückt der Projektschuh jetzt in diesem Moment?”

Bei der dritten Frage wird es heikel. Keine Projektleitung kann alle Risiken finden. Sie letztendlich darauf angewiesen, dass alle im Team mit der Sprache rausrücken und das größte Risiko von dem sie wissen benennen. Die simple Frage “Weiß noch jemand was?” hilft hier nicht viel weiter. Es ist wichtig, dass im Team nicht ein Klima der Angst vorherrscht. Wenn die Angst regiert wird niemand gerne über Risiken sprechen. Die letzte Frage greift das Problem der unvollständigen Risikolisten nochmals in anderer Form auf.

Ich schließe mit einer Empfehlung und einer provokanten Aussage:

  • Für jedes Risiko sollte ein Plan B in der Schublade liegen.
  • Projektmanagement ohne Risikomanagement ist grob fahrlässig.
Über den Autor

Eberhard Huber

Dr. Eberhard Huber projekt (B)LOG: Selbstständiger Berater für Projektmanagement. Projektmanagement, Kommunikations-Training, Gruppendynamik und Teamentwicklung in Forschung, Lehre (Universität Mannheim, Universität Magdeburg) und Praxis.
Kommentare

8 Comments

  1. Interessante Analogie, die ich mir auf jeden Fall merken werde.
    Bei deiner Empfehlung würde ich jedoch nicht von einem Plan (Reiseroute), sondern eher von einem Ansatz (Richtung) sprechen.
    Zu deiner provokanten Aussage stellt sich mir die Frage, ab wann Risikomanagement beginnt, denn mit einer flexiblen Geisteshaltung kann man bereits viele Hindernisse umschiffen. Aber das trifft wahrscheinlich nur auf kleine (und disziplinierte) Gruppen zu.

    Reply
  2. So, jetzt hatte ich auch endlich Zeit deinen Artikel zu lesen 🙂 Mir gefällt dein Vergleich sehr gut, werde ihn auch in mein Argumentationsrepertoire aufnehmen. Danke für den Artikel!

    Reply
  3. @Andre … flexible Geisteshaltung ist die Grundvoraussetzung, die ist nötig wenn man auf den Plan B wechselt 😉 das ist die Gruppengröße m.E. nicht wichtig. Risikomanagent beginnt wenn man sich konkret damti befasst was schief gehen kann.

    @Nils … und wenn die Argumente nur für ein Projekt reichen ist es gut. Ich habe gerade eines an der Backe, bei dem der Auftraggeber den Zeitaufwand für die Entwicklung eines Plan B nicht bezahlen wollte, das ändert aber nichts daran, dass wir jetzt auf die vorhersehbare Klippe aufgelaufen sind :-/

    Reply
  4. Hi,

    ich bin regelmäßiger Leser und glaube das ist heute mein erster Kommentar hier.

    Ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass du die Bedeutung von Risikomanagement ansprichst und muss auch meinem Vorredner Andre zustimmen, dass ein Großteil des Risikomanagements auch schon automatisch durch gute Mitarbeiter / Projektarbeiter im Kopf abgedeckt wird, teilweise auch (mit gutem Grund) ohne es explizit anzusprechen.
    Klar kann es auch wichtig sein, soetwas explizit zu machen, insbesondere wenn man in eine ganz neue Richtung geht.

    Im Tagesgeschäft halte ich es allerdings für sehr gefährlich zu viel planen zu wollen.
    Ich denke wir wissen alle, dass sich in jeder Hinsicht Bedingungen sehr schnell ändern können (und dies leider auch sehr oft tun). Häufig ist die beste Planung da nicht viel wert. Stattdessen kommt es oft darauf an, instinktiv und aus Erfahrungen heraus richtig reagieren zu können und dabei aus Fehlern zu lernen, weil der Plan B genauso wenig zutrifft wie jeder andere, da schlichtweg nicht planbar.

    Ich habe für mich jedenfalls auch gelernt, teilweise weniger zu planen, dafür aber das was wirklich vernünftig planbar ist genau zu dokumentieren und zu bedenken.

    Ich hoffe auf rege Kritik zu meinem Kommentar 🙂

    Reply
  5. Hallo Julian, warum Kritik ? 😉

    ich denke in dem Satz hast Du etwas sehr wichtiges zusammengefasst

    > Im Tagesgeschäft halte ich es allerdings
    > für sehr gefährlich zu viel planen zu wollen.

    Tagesgeschäft und Projekte sind zwei Paar Stiefel und sollten es auch bleiben. Risikomanagement ist wichtig für Projekte. Zur Abgrenzung Projekt- vs. Tagesgeschäft habe ich vor einiger Zeit mal etwas geschrieben:

    http://www.pentaeder.de/projekte/2009/06/15/wann-ist-ein-projekt-kein-projekt-reload/

    Reply
  6. Sehr gut, mit deinem Artikel triffst du auch genau das, was ich mit meinem Kommentar mit anklingen lassen wollte.

    Selbst bei allem was man so als „Projekt“ bezeichnet, ist die Planung teilweise unpassend, weil es kein wirkliches Projekt im gehobenen Sinne ist.

    Feiner Artikel, trifft den Nagel auf den Kopf.
    Habe mir auch ein paar andere Artikel aus deinem Blog zum Lesen gespeichert, nette Themen, gefällt mir sehr.

    Reply
  7. Hi,

    bei dem Thema Seereisen und Risikomanagement hatte ich spontan den Gedanken an die großen Schiffsreisen unserer Zeit, die als Katastrophe endeten, wie z. B. Titanic oder Andrea Doria.

    Oder anders ausgedrückt: Was passiert, wenn das Risikomanagement versagt und aus dem Risikomanagement ein Katastrophen-Management wird. Also nicht nur Gegenmaßnahmen planen (z. B. Rettungsboote bei der Titanic), sondern das im Ernstfall auch durchführen.

    Schöner Artikel, vielen Dank dafür!
    Oliver Knittel

    Reply
  8. Hallo Oliver,

    danke … guter Vergleich, bei der Titanic lassen sich da gleich zwei Punkte festhalten. Schon das Risikomanagement hatte eine Lücke (zu wenig Boote) und dann wurden die vorhandenen Boote auch nicht vollständig besetzt :-/

    Da steckt ein wichtiger Gedanke drin. Das verlässt zwar ein wenig das Thema Projekt, aber in typischen K-Fall Szenarien in Rechenzentren gehört die Durchführung entsprechender Übungen zum Geschäft dazu.

    viele Grüße Eberhard

    Reply

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