Facebook
Twitter
Google+
Kommentare
0

Interview mit Stefan Priebsch

Hallo Stefan, du bist einer der Personen in Deutschland, die von keiner PHP Konferenz mehr wegzudenken sind, des Weiteren bist du auch Autor von diversen Büchern. Gerade aus diesem Grund sind wir besonders glücklich, dass du dir die Zeit genommen hast uns und unseren Lesern ein paar Fragen zu dir und deiner Beziehung zu PHP zu beantworten.

stefanp

Stell dich doch einfach erstmal mit ein paar Worten vor.

Ich beschäftige mich etwa seit meinem zwölften Lebensjahr mit Computern. Mein erster Computer war ein Sinclair ZX-80 mit 1 KB Hauptspeicher – so ein Gerät kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

Nach dem Abitur habe ich Informatik studiert und war schon neben dem Studium als IT-Consultant selbstständig. Irgendwann nach der Uni habe ich mich dann mit PHP beschäftigt, da das Internet so geboomt hat, ich es aber nicht geschafft habe, Perl-Sourcecode zu verstehen. Naja, und irgendwie bin ich dann bei PHP hängen geblieben.

Heute habe ich eine Firma, mit der ich kleinen und mittelständischen Unternehmen helfe, Open Source-Lösungen einzusetzen, und bin im PHP-Umfeld als Consultant, Trainer und Autor unterwegs.

Wann hast du dich das letzte mal richtig über PHP aufgeregt?

Da ich mittlerweile die meisten PHP-Kernentwickler persönlich kenne, fällt es mir zunehmend schwer, mich über PHP aufzuregen, da ich weiß,dass alle am Projekt Beteiligten ihr Bestes geben und sehr umsichtige Entscheidungen treffen, auch wenn es nach Außen hin nicht immer den Anschein hat.

Was würdest du an PHP ändern, wenn du könntest?

Den Namespace-Separator? Scherz beiseite – ich finde PHP sehr gut, so wie es ist. Natürlich gibt es einige Dinge, die man ändern könnte, um Altlasten zu beseitigen, es wird aber eben sehr viel Rücksicht auf Rückwärtskompatibilität genommen. Das ist auch gut so, denn viele PHP-Anwender sind keine IT-Experten und haben oft Probleme mit den kleinen Änderungen, wegen denen eigentlich nur ein Schräubchen hier und da gedreht werden müsste.

Das Internet ist voll von Postings von Anwender, die denken, eine neue PHP-Version hätte ihre Software kaputt gemacht, nur weil da plötzlich eine Warnung erscheint, wo zuvor keine war. Wenn wir PHP jetzt zu sehr ändern, verlieren wir womöglich einen Teil dieser Benutzer, daher finde ich es besser, mit einigen Unzulänglichkeiten der Sprache zu leben und gewisse antiquierte Features wie register_globals oder die magischen Quotes nicht zu verwenden.

Was macht PHP für dich so interessant?

Ein wichtiger Aspekt ist natürlich die Tatsache, dass PHP freie Software ist. Ganz besonders begeistert mich auch, dass PHP so vielseitig einsetzbar ist. Für fast jedes denkbare Einsatzgebiet gibt es Extensions oder vorhandenen PHP-Code, auf den man aufbauen kann.

Als ich damit begonnen habe, PHP einzusetzen, haben mir die zahlreichen Codebeispiele, die im Internet kursieren, teilweise sehr geholfen. Heute sehe ich mir oft Code von größeren Projekten oder Frameworks an, und profitiere sehr stark vom Informationsaustausch auf Konferenzen.

Aus der Sicht des Anwenders finde ich es auch toll, dass auf nahezu allen denkbaren Plattformen unter einer Vielzahl von Webservern läuft und nativ mit nahezu jeder bekannten Datenbank spricht.

Welche Features fehlen bei PHP?

Ich bin eigentlich sehr zufrieden mit dem Funktionsumfang von PHP. Natürlich gibt einige Features wie Traits, die ich gerne heute schon in PHP nutzen würde, aber diese sind ja schon in der Pipeline für eine der nächsten PHP-Versionen.

Bei den Namespaces, die in PHP 5.3 hinzukommen, bin ich nicht ganz davon überzeugt, dass sie wie sie sind wirklich nützlich sind. Hier ist man bei der Realisierung auf zahlreiche Probleme gestoßen, die hauptsächlich daraus resultieren, dass PHP eben eine Skriptsprache ist. Während man in einer übersetzten Sprache wie Java zur Übersetzungszeit die Namen aller Klassen im Projekt kennt, ist in PHP ein Konstrukt wie import SomeNamespace* nahezu unmöglich zu realisieren, da man selbst zur Laufzeit nicht unbedingt weiß, welche Klassen es gibt.

In welcher Sprache würdest du programmieren, wenn PHP ab morgen nicht mehr existieren würde?

Das ist eine schwierige Frage. Ich würde mich vermutlich daran machen, PHP neu zu erfinden, da es meine persönliche Philosophie ist, eine Sprache sehr gut zu kennen, anstelle verschiedene Sprachen nur oberflächlich zu verstehen. Vielleicht würde ich aber auch beleidigt spielen und erst einmal gar nichts mehr programmieren?

Was waren für dich die Highlights in der Webentwicklung des letzten Jahres?

Der Erfolg von PHP natürlich, der meines Erachtens nach den Dotcom-Boom wesentlich mit beeinflusst und ermöglicht hat. Dann natürlich AJAX, das Javascript salonfähig gemacht hat. Eine gut gemachte Webanwendung steht heute einer klassischen GUI-Anwendung in nichts nach, und ich glaube nicht, dass wir das Ende der Fahnenstange schon erreicht haben.

Ich finde es immer wieder faszinierend, was durch Crowdsourcing möglich wird. Wikipedia ist ein gutes Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn genügend Leute an einem Projekt mitarbeiten. Ich denke, die Tatsache, dass Webanwendungen überall verfügbar und leicht zu bedienen sind, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor dafür, dass Crowdsourcing so erfolgreich ist.

Nicht zuletzt ist es extrem spannend, wie große Web 2.0-Sites skalierbar gemacht werden. Solche Anwendungen müssen nahezu endlos skalieren und immer verfügbar sein. Ich denke, PHP hat in den letzten Jahren bewiesen, dass es sehr gut geeignet ist, solche Probleme zu lösen.

Was werden die Highlights der nächsten Jahre sein?

Wenn ich das wirklich wüsste, würde ich vermutlich an der Börse spekulieren, anstelle in der IT-Branche zu arbeiten. Das Faszinierende an IT und Technik im Allgemeinen ist doch, dass es immer wieder neue Ideen gibt, die alle überraschen, und von denen bis dahin keiner dachte, dass man das auch (so) machen könnte. Besonders interessant finde ich, dass vielen Erfindungen wie dem Telefon, dem Fernseher, oder auch dem Computer zunächst keinerlei Marktchancen eingeräumt wurden. Ich erlebe es immer wieder, dass Produkte oder Dienstleistungen plötzlich unabdingbar sind, die man sich zuvor noch nicht einmal vorstellen konnte. Ich bin sicher, dass die Zukunft hier noch viele Überraschungen bringen wird.

Aber: eines der Highlights wird natürlich das Release von PHP 5.3, das meines Erachtens eines der wichtigsten PHP-Releases überhaupt wird. Wie viele andere warte ich sehnlichst auf das Release, auch weil das bedeutet, dass ich mein nächstes Buch “PHP 5.3 – Was ist neu?”, das bei entwickler.press erscheinen wird, endlich fertigschreiben kann. Dieses Buch wartet nämlich schon seit zwei Jahren darauf, geschrieben zu werden, nur ohne eine Beta-Version von PHP 5.3 ist das natürlich schwierig.

Es ist auch sehr interessant, dass sich Microsoft zurzeit stark für PHP engagiert. Ich denke, es ist sehr gut für PHP, wenn sich große Firmen an der Entwicklung beteiligen. IBM beispielsweise hat im Rahmen des Project Zero zahlreiche Tests für PHP geschrieben und so stark zur Verbesserung
der Qualität beigetragen.

Mit wem würdest du gerne mal bei einem Projekt Pair Programming betreiben?

Auch wenn ich nicht unbedingt der Typ für Pair Programming bin, würde ich gerne abwechselnd mit so vielen verschiedenen Partnern wie möglich programmieren, denn ich denke, man kann von jedem anderen noch etwas Neues lernen, und wenn es nur eine andere Sichtweise auf das zu lösende
Problem ist.

Anstelle von Pair Programming, das oftmals gegenüber dem Management schwer durchzusetzen ist, würde ich aber jedem empfehlen, sich einmal ein oder zwei Stunden mit einem Kollegen hinzusetzen und gemeinsam ein Stück Code reviewen. Das kann man beispielsweise tun, indem man dem anderen schrittweise den Code erklärt, den man geschrieben hat. Ich habe dabei bis jetzt noch jedes Mal einen Fehler gefunden.

15 Jahre später

Fast 15 Jahre später haben wir Stefan wieder vors Mikro bekommen und eine Podcastfolge aufgenommen. Hört rein, wenn ihr wissen wollte, warum Frameworks nicht immer die perfekte Lösung sind.

Über den Autor

Nils Langner

Nils Langner ist der Gründer von "the web hates me" und auch der Hauptautor. Im wahren Leben leitet er das Qualitätsmanagementteam im Gruner+Jahr-Digitalbereich und ist somit für Seiten wie stern.de, eltern.de und gala.de aus Qualitätssicht verantwortlich. Nils schreibt seit den Anfängen von phphatesme, welches er ebenfalls gegründet hat, nicht nur für diverse Blogs, sondern auch für Fachmagazine, wie das PHP Magazin, die t3n, die c't oder die iX. Nebenbei ist er noch ein gern gesehener Sprecher auf Konferenzen. Herr Langner schreibt die Texte über sich gerne in der dritten Form.
Kommentare

Leave a Comment.

Link erfolgreich vorgeschlagen.

Vielen Dank, dass du einen Link vorgeschlagen hast. Wir werden ihn sobald wie möglich prüfen. Schließen