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Buchtipp: Pragmatische IT-Architektur

Nils, Betreiber dieses Blogs PHP und ein Kollege von mir, startete vor kurzem einen Aufruf, in dem er um Gastschreiber warb. Auch mich fragte er nach einem Beitrag und drückte mir kurze Zeit später das Buch „Pragmatische IT-Architektur“ zur Besprechung in die Hand. Nicht ganz ohne Hintergedanken, denn schließlich sollte ich in meiner Rolle als System Architekt in der Lage sein, ein solches Werk entsprechend zu beurteilen. Ich hatte auch großes Interesse an dem Stoff, teils zur Selbstreflektion aber auch, um vielleicht doch den ein oder anderen Aha! Effekt zu bekommen und stürzte mich auch gleich darauf in das nicht ganz 400 Seiten starke Buch.

51I+7r3vLRL._SL500_AA240_Das erste, was mir an dem Buch von Pavlo Baron auffällt ist sein Aufbau und seine Erzählweise. Man spürt, dass er hier genauso vorgeht, wie er die Arbeit eines pragmatischen Architekten beschreibt: klar strukturiert und klar und einfach vermittelnd. Ich will auch gleich erklären, was ich damit meine.

Zum einen hat er einen fast kumpelhaften Ton gewählt, der sich ganz klar auf Augenhöhe befindet, aber durchaus Kompetenz ausstrahlt und von großer Offenheit zeugt. Zunächst ist man geneigt, diesen Ton mit einer großen Arroganz zu verwechseln, aber das relativiert sich sehr schnell und es wird klar, dass hier jemand die Dinge so ausspricht, wie er sie sieht, ohne irgendwelche Allüren oder Anspruch auf die alleinige Wahrheit.

Was aber noch mehr auffällt ist die Art und Weise, wie er seine Punkte vermittelt.

Jedes Kapitel hat immer wieder mehr oder weniger denselben Aufbau:
1. Grobe Einführung in den kommenden Inhaltes
2. Grobe (oft tabellarische) Zusammenfassung des Inhaltes
3. Eine passende und glaubwürdige Anekdote aus seiner bisherigen Arbeit oder ein Anti-Pattern
4. Detaillierte Ausführung des Kapitels

Das hilft einem die Kapitel schnell zu scannen und machen das Buch auch geeignet zum „immer mal wieder Reinschauen“. Sie sind aber auch für Einsteiger eine gute Einführung in das jeweilige Thema. Und für diejenigen, die von schnell gelangweilt sind von zu viel Text, sind die Anekdoten eine unterhaltsame Art und Weise sich den Themen quasi unbemerkt zu nähern. Die Anti-Pattern wiederum sind kurze Skizzen von „wie man es nicht macht“ Beispielen, mit jeweiliger Charakteristika und möglichen (wahrscheinlichen) Folgen.

Die Struktur des Buches in seiner Gesamtheit wiederum gleicht der Arbeit eines Pizzabäckers. Es fängt sehr verdichtet an, kratzt an der Oberfläche, steckt den Rahmen für das Kommende und grenzt sich vor allem gegenüber anderen Themenkomplexen ab, indem auf andere Bücher verwiesen wird. Schnell wird klar, dass es hier nicht um technische Details gehen wird, sondern um das Rollen- und Zielverständnis eines „pragmatischen“ IT-Architekten.
Die Themen werden in den folgenden Kapiteln dann immer weiter ausgerollt, gehen immer mehr in die Breite aber auch in die Tiefe des Themas. Pavlo Baron schafft es dadurch sehr schön seine Leser behutsam mit seiner Sichtweise vertraut zu machen und sie für seine Erfahrungen zu interessieren.

Es geht also nicht um technische Belange. Wie denn auch, schließlich sind technische Entscheidungen in der Architekturen von vielen Dingen abhängig, die der Autor eines solchen Buches kaum berücksichtigen kann. Woher soll er wissen, was die vorliegenden Anforderungen an Sicherheit, Skalierbarkeit, Performance, Datenhaltung etc. ist? Kann er nicht richtig, also macht es doch viel mehr Sinn aufzuzeigen, was alles beachtet werden muss, wenn man Entscheidungen zu treffen hat. Wenn es aber nun nicht um technische Belange geht, worum geht es dann?

Es geht um die Architekten selbst und ihre Arbeit. Was sind ihre Ziele, wer sind die Mitstreiter und was sind deren Ziele und wie können diese Ziele erreicht werden. In welchen Prozessen ist er involviert und wo hält er sich eher zurück. Welche Vorgehensweisen stehen im zur Auswahl. Wie entwickelt er eine Architektur. Wie geht er mit Technologien um.
Pavlo Baron beschreibt sehr vollständig und nachvollziehbar die unterschiedlichen Interessen in einem Unternehmen und wo die Architektur sich dazwischen wiederfindet. Er beschreibt Prozesse und Soft Skills, Frameworks und Entscheidungen des „gesunden Menschenverstandes“, einfach alle Themen, die in der IT-Architektur irgendeine Rolle spielen können. Er entscheidet sich aber nicht für eine der vielen Theorien und formuliert diese aus, das überlässt er richtigerweise anderen Autoren. Stattdessen reisst der eine enorme Vielzahl von Themen an, die dem Architekten bewusst sein sollten, um selbständig entscheiden zu können, was und wie viel er davon anwendet. Das Wort „pragmatisch“ spielt immer und überall die Hauptrolle und ist der Definition des Autors folgend die Wahl der richtigen Mittel zum richtigen Zweck, auch wenn dabei ein von der Theorie vorgegebener Weg verlassen wird. Die größte Aussage des Buches ist wohl die dringende Empfehlung seinen Elfenbeinturm zu verlassen und Ergebnisorientiert aber mit Weitblick tatkräftig mitzuarbeiten. Eine Angst, die ich teile ist, die vor einer Architektur die in der Umsetzung von Anforderung nur noch als Fremdkörper wirkt und mehr stört als nützt. Seine Form von Pragmatismus wirkt dieser Angst aktiv entgegen.

Abschließend bleibt zu sagen, dass „Pragmatische IT-Architektur“ keine offensichtlichen Lerneffekte birgt und ich meine das in keinem Sinne negativ. Jeder einzelne Punkt wird so anschaulich vermittelt, dass der Leser die Erfahrungen des Autors nachvollziehen und somit geradezu selber erleben kann. Man hat also nach der Lektüre eher das Gefühl, man hätte ja alles schon so oder so ähnlich gewusst, als dass es einem vermittelt wurde. Auch das macht einen guten Autor aus! Nach der Lektüre hat man meiner Meinung nach einen guten Überblick über die eigene Arbeitssituation und deren Abhängigkeiten. Außerdem wurden alle in Frage kommenden Themen grob vorgestellt, so dass der Architekt wissen, sollte mit welchen Themen er sich zu welcher Aufgabe auseinandersetzen sollte.

„Pragmatische IT-Architektur – Schlanke Technologien und Konzepte für dynamische Unternehmen“ von Pavlo Baron ist 2009 erschienen im Verlag entwickler.press und kostet 39,90 Euro.

Der Rezensent Christian Schäfer arbeitet als System Architekt in einem großen Medienunternehmen und betreibt in seiner Freizeit den Blog „test.ical.ly | PHP bei den Eiern packen„, in dem er sich mit den Themen Testing, Code Qualität, Continuous Integration und ähnlichem befasst.

Über den Autor

Christian Schäfer

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  1. Der Amazon link ist kaputt: das h fehlt:

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